„Ein moderner Junker darf ein bisschen mehr Körper haben“

Werner Luttenberger, Landesweinbaudirektor Steiermark, im Interview zur Junker-Präsentation, die am 7. November 2018 in der Grazer Stadthalle sowie zeitgleich im Palais Ferstel in Wien stattfindet. Warum der erste Vorbote des Jahres immer für Aufsehen sorgt, warum Junker kein Kindermord ist, was wir vom Weinjahr 2018 zu erwarten haben und wohin die Trends gehen.

Der Weinbote: Die klassische Einstiegsfrage muss sein: Wie wird der Jahrgang 2018?

Luttenberger: „Wie vielleicht schon bekannt ist, gab es 2018 regional sehr unterschiedliche Erträge. Während es in der Weststeiermark und dem Vulkanland zu einer sehr guten Ernte kam, hatten Teile der Steiermark bis zur Ernte verstärkt mit Krankheiten zu kämpfen. So kam es zu einer sehr aufwändigen Lese – teilweise in zwei bis drei Durchgängen – mit viel Aussortierung. Einzelbetrieblich waren wegen des hohen Krankheitsdrucks und Hagel hohe Ausfälle zu verzeichnen. Dennoch werden wir heuer die zweitgrößte Ernte in der Geschichte verzeichnen können! Schätzungen zufolge werden es 285.000 Hektoliter sein, das ist nicht weit hinter dem Rekordjahr 2011 mit 295.000 Hektolitern. Zum Vergleich: 2017 waren es 255.000 Hektoliter. Ziemlich gleich wie im Vorjahr sind auch die Flaschen-Zahlen: Rund 200 Junker-Betriebe werden in Summe ca. 650.000 Flaschen füllen.“

Der Weinbote: „Das heißt, die Qualität wird sehr stark?“

Luttenberger: „Ja, das was im Keller ist, ist top! Ich durfte bei einigen Qualitätsprüfungs-Einreichungen mitkosten und kann sagen: 2018 werden die Junker fruchtig, frisch und leicht, aber vor allem physiologisch sehr reif sein. Das ist schön zu sehen. Nach der Gärung mussten die Betriebe nichts mehr korrigieren, die Weine standen bereits top da. In der Weststeiermark gibt es schon tolle Schilcher-Junker, die herrliche Cassis-Aromen und eine kräftigere, fast schon rötliche Farbe besitzen.“

Der Weinbote: „Kann man sagen, dass auch der Junker ein bisschen mehr Körper bekommen hat?“

Luttenberger: „Ja, das kann man allgemein betrachtet auf jeden Fall sagen. Ich sehe das als allgemeinen Trend, das wird nicht nur heuer so sein. Natürlich wird er immer leicht, frisch und fruchtig sein – aber zu schwereren Herbstgerichten wie dem Gansl darf er ruhig ein bisschen mehr Körper haben.“

Der Weinbote: „Werden die steirischen Weine in Zukunft immer mehr Körper besitzen? Geht die Tendenz dahin?“

Luttenberger: „Nicht allgemein. Das, was wir von der Natur bekommen, dürfen wir niemals verlassen. Die Fruchtigkeit zeichnet die Steiermark aus, Gebiete wie die Friaul oder andere Weißweinregionen wünschen sich diese Frucht. Deshalb werden fruchtige, frische Weine immer unser Markenzeichen und auch unser Erfolgsfaktor sein. Aber natürlich gibt es vermehrt geschulte Weintrinker, die Sommelier-Kurse, die Weinakademie oder Verkostungen besuchen – diese Menschen wollen natürlich auch spannendere, reifere und vollere Weine kosten. Alles hat seine Berechtigung. Aber zu kräftige, alkoholhaltige Weine sind nicht typisch steirisch.“

Der Weinbote: Der Junker ist somit das beste Zeichen dafür, dass alles zur seiner Zeit seine Berechtigung hat …

Luttenberger: „Ja, genau. Es ist wichtig, Weine nicht aus ihrer Entwicklung herauszureißen. Würde man einen Sauvignon Blanc, Weißburgunder oder Chardonnay aus guter Lage Ende Oktober in die Flasche füllen wäre das ein klassischer Kindermord. Aber der Müller-Thurgau, die traditionelle Junker-Sorte, ist jetzt reif! Sie war als frühreife Sorte schon Anfang September vom Stock zu holen und ist nach kurzer Zeit im Fass zum Abfüllen bereit gewesen. Diese Sorte gewinnt im Gegensatz zu vielen anderen Sorten weder am Stock noch im Fass mit der Zeit an Qualität.“

Der Weinbote: Wie ist das beim Schilcher? Bekanntlich ja eine sehr vielseitige Rebsorte …

Luttenberger: „Der Schilcher ist tatsächlich ein Phänomen. Man muss ihn zweigeteilt betrachten. Einerseits ist der der ideale Jungwein mit herrlichen Primäraromen nach Himbeere etc. Für den Schilcher-Junker werden die Trauben bereits beim ersten Lesedurchgang geerntet. Bei allen weiteren Lesedurchgängen bzw. auf besonderen Rieden werden die Trauben erst später vom Stock geholt und dürfen auch länger im Keller reifen. Mit Schilcher kann man so viel machen! Ich kenne Schilcher-Produzenten, die von Schilcher Saft, Sturm, weiß gepressten, klassischen, roten und holzfassgereiften mit viel Lagerpotential anbieten. Hier zeigt sich seine unglaubliche Vielschichtigkeit!“

Der Weinbote: Kann ein Weingut auch beim Junker seine Linie zeigen?

Luttenberger: „Durchaus! Der Junker ist und bleibt der Auftakt des neuen Jahrgangs. Er ist für alle ein Gradmesser und zeigt die individuelle Stilistik eines Weinguts sehr gut. Die Unterschiede lassen sich bei Verkostungen im Direktvergleich – so wie heuer bei den Präsentationen am 7. November 2018 – perfekt heraus schmecken.“

Der Weinbote: Stichwort Präsentationen: Was erwartet einen am 7. November?

Luttenberger: „In Graz bieten 126 Weingüter ihre Junker zur Verkostung an – die meisten davon weiße, aber auch einige rote und Schilcher. Im Wiener Palais Ferstel sind 56 Betriebe dabei. Für viele steirische Weinbauern ist Wien ein wichtiger Markt!“

Warum ist findet das große Junkern eigentlich immer am Mittwoch vor Martini statt?

Luttenberger: „Das ist nach alter Tradition so – man wollte rechtzeitig zum Martinigansl am Markt sein. Denn die Kombination zwischen dem jungen, frischen, säurebetonten Junker und dem deftigen Gansl war immer schon eine sehr gelungene. Zu Beginn des Junkers, in den 80er Jahren, wurde erst am dritten November-Wochenende gestartet. Doch seit 1995, der Zeitpunkt ab dem der Junker von der Marktgemeinschaft Wein vermarktet wurde, verlegten wir dieses Datum nach vorne. Ich denke, die Leute freut’s!“

Der Weinbote: Um schon ein bisschen vorausschauend zu sein: Wann gibt es die Klassik-Weine des Jahrgangs 2018 zu kosten?

Luttenberger: „Die Jahrgangspräsentationen finden am 3. April 2019 in Graz, am 8. April 2019 in der Wiener Hofburg und am 11. April 2019 in Salzburg statt. Weinliebhaber sollten sich diese Termine im Kalender gleich einmal rot anstreichen – es wird ein toller Jahrgang!“

> Liste der Teilnehmer Präsentation Graz

> Liste der Teilnehmer Präsentation Wien

www.steirischerwein.at

Fotocredits: KK, fotokuchl
Interview: Christina Dow