Er ist im Keller!
Was für ein Sonntag! Gestern, am 4. Oktober 2020, wurde unser Weinbote-Wein in Kooperation mit dem Weingut Potzinger und mit zahlreicher Unterstützung aus Freundes- und Familienkreis auf der Ried Kaltenegg gelesen. Und obwohl uns trotz durchgängiger Schönwetter-Prognosen ein kurzer Regenschauer fast einen Strich durch die Rechnung machte, schafften wir es nach rund 6 Stunden wunderschöne Trauben in die Kisten und schließlich in den Keller zu bringen. Ein Herzensprojekt nimmt Formen an <3
Ja, auch meine Freunde haben eine Leseschwäche wie sich gestern gezeigt hat. Unfassbar, wie groß die Begeisterung, die Motivation und das Durchhaltevermögen meiner „Lese-Gang“ waren. (Vor allem weil die angekündigten „zwei bis drei Stunden Lesezeit“ dann doch um mehr als das doppelte gesprengt wurden.) Vielen Dank dafür auch noch mal an dieser Stelle! Richtig cool war, dass sogar Katja und Gregor Leber-Vracko, selbst Weingut-Besitzer im slowenischen Svečina mit halfen … Vom eigenen Weingut weg, um mir zu helfen – mega!!
Das Refraktometer zeigte 19 KMW, die Wetterprognosen standen auf Sonnenschein pur – und so stand es für Stefan Potzinger (der den Weingarten der Ried Kaltenegg seit vielen Jahren gepachtet hat und daraus großartige und bereits mehrfach prämierte Weine herausbrachte) fest, dass am 4. Oktober 2020 mein Weinbote-Wein gelesen wird. Dank meiner unfassbaren Freunde war schnell eine 16-köpfige Lese-Truppe beisammen und stand voll motiviert am gestrigen Sonntag im wunderschönen Sulztal an der Weinstraße parat.
Da natürlich bis auf wenige Ausnahmen alles Lese-Jungfrauen waren, gab es von Stefan Potzinger eine Einschulung. Dank des spitzenmäßigen Traubenmaterials erwiesen sich die Erläuterungen als einfach umzusetzen. Doch der Respekt bzw. die Angst davor, eine nicht so schöne Traube in die Lesekiste zu legen, war groß – und so wurde in penibler Handarbeit genauestens gearbeitet. Perfektes Traubenmaterial ist das Ergebnis.
Und so verging Stunde um Stunde, bis jede einzelne Traube des Gelben Traminers auf 0,3 Hektar der Ried Kaltenegg in den Lesekisten landete. Stunden, in denen lustige Ansagen, tiefsinnige Gespräche und das eine oder andere Jausenweckerl natürlich nicht zu kurz kamen. Ganz so wie es bei einer Lese sein soll. Stefan und Heidi Potzinger halfen sowohl bei meiner Lese, als auch bei jener einige hundert Meter entfernt (dort arbeitete sein Team parallel am Gelben Muskateller) mit. Potzinger-Mitarbeiter Philipp fuhr die Reihen am Traktor auf und ab, damit wir die Lesekisten in die großen, grauen Kisten umfüllen konnten. Ein Kühl-LKW sorgte dafür, dass das Traubenmaterial bis zur Abfahrt ins Weingut nach Gabersdorf perfekt temperiert wird.
Doch gerade als ein Ende in Sicht war, kamen dunkle Wolken auf. Von Westen her sah man starke Regengüsse über das Land ziehen. Erste Tropfen klatschten auf unsere Häupter und – noch schlimmer – auf unsere Trauben! Leichte Panik machte sich in mir breit. Stefan blieb natürlich ruhig. Wegen der Erfahrung warads. Wir begannen damit die großen, grauen Kisten, die im Weingarten standen und schon mit Trauben befüllt waren, mit leeren grauen Kisten zuzudecken, damit kein Regenwasser auf das Traubenmaterial kommt.
Und ab diesem Moment gab es nur mehr Blicke nach oben. Kommt dieser Regenguss zu uns? In welche Richtung weht der Wind? Ziehen die düsteren Wolken vielleicht doch vorbei? Die Regentropfen wurden nicht wirklich weniger. Stefan war kurz davor abzubrechen. Meine Lese-Gang stand noch immer brav an den Weinstöcken, wer konnte mit Kapuze, und wartete artig auf ein Kommando. Doch genau in diesem Moment schob sich eine Wolke zur Seite und die Sonne heizte uns wieder auf die Nasen. Innerhalb von einer Minute hörte auch der Regen auf und es war wieder strahlend. Mir viel ein ganzer Komet vom Herzen. Kurzes Jubeln ging durch die Zeilen … und weiter ging es im Programm.
Als wir dann tatsächlich die letzte Traube in der Kiste hatten, war die Freude riesig. Und Katja hatte genau das mit, was wir alle in diesem Moment brauchten: Frizzante! Und noch dazu Kunststoff-Champagner-Schalen. Wie cool! Danke noch mal <3 Von Stefan Potzinger gab es für jeden meiner fleißigen Lesehelfer eine Flasche vom Traminer Cuvée als Dankeschön. Ein wunderbarer Tropfen – die Latte für meinen Wein liegt definitiv hoch!
Die Trauben wurden in der Zwischenzeit auf den Kühl-LKW transportiert und Stefan machte sich bereit zur Abfahrt ins Weingut nach Gabersdorf, wo bereits Kellermeister Hans-Peter und Mitarbeiter Silab auf die Warenübernahme warteten. Kiste für Kiste landete in der Sortiermaschine, die die Trauben über das Laufband in den Rebler beförderte. Nach dem Trennen der einzelnen Beeren vom Stielgerüst werden erstere durch eine Walze Richtung Presse befördert.
Und dort durfte mein Wein gut schlafen, sprich: eine Maischestandzeit über Nacht für rund 11 Stunden erleben. In der Früh um 7 Uhr ging die Presse an, in einem langsamen und schonenden Verfahren lief sie für rund zweieinhalb Stunden. Die letzten 10 % des Safts wurden aber nicht zu unserem Wein in spe hinzugefügt, sondern anderwärtig verwendet. Sonst würde es ein bisschen die Frische nehmen. Schließlich muss unsere Qualität vom Weinboten-Wein perfekt sein. Nach dem Pressverfahren lässt Hans-Peter nun den Saft im Entschleimtank setzen. Aber nicht zu lange, damit er nicht zu blank für die Gärung wird. So wird der Wein am Ende vielschichtiger.
Vom Entschleimtank kommt er morgen Dienstag, 6. Oktober 2020, in den Gär-Stahltank (natürlich ohne die Trübstoffe am Boden). Dort wird schließlich Hefe zugesetzt – und dann heißt es warten, bis er anfängt zu gären (sollte in wenigen Tagen soweit sein). Dann darf er bei rund 20 bis 22 °C Temperatur vor sich hin brodeln. Auf eine Kühlgärung wird bewusst verzichtet, denn so erhält man mehr Substanz für eine perfekte Reife. Wenn dann die Gärung langsamer wird, kommt der Rebensaft bereits in das vorbereitete 500-Liter-Fass aus französischem Holz. Es handelt sich dabei um eine Zweitfüllung, der Sauvignon blanc Joseph durfte erster sein. Hans Peter schätzt, dass dies in ca. 14-20 Tagen, bei rund 10-20 g Restzucker soweit sein wird. Mitten in einer noch leichten Gärung, nur mit einer schönen, frischen Hefe.
Die weitere Zukunftsmusik: Auf der Vollhefe gekühlt stehen lassen. Anfang September 2021 filtrieren und in die Flaschen füllen. Das Fass wird dann mit dem nächsten Jahrgang wiederbefüllt. Sobald er in der Flasche ist, wird er aber noch nicht im Verkauf landen, sondern darf noch einmal rund 5 Monate in der Flasche nachreifen und zur Ruhe kommen … Möglich also, dass unser Weinbote-Wein erst im Februar 2022 in den Verkauf gelangt. Und nach weiteren 5 Jahren die perfekte Trinkfähigkeit hat. Aber das halt jetzt mal alles geistig noch Zeit …
Achja – ein Name wird noch immer gesucht (ein paar Ideen gibt es meinerseits natürlich schon), kreative Köpfe bitte gerne melden! 😉
Ich halte euch am Laufenden …
Eure „Weinbotin“ Christina