„Ein Geschenk des Himmels“

Anlässlich der Präsentationen des Steirischen Weins, die am 23. März (Wien) und 25. März 2020 (Graz) stattgefunden hätten, aber kurfristig abgesagt/verschoben werden mussten, plauderten wir mit Weinbaudirektor Werner Luttenberger und bekamen spannende Facts über den neuen Jahrgang 2019, die Zukunft des DAC-Systems und München als Verkostungsoption.

 

Der Weinbote: Sie sind ja nicht nur am Papier der steirische „Wein-Chef“, sondern legen auch selbst Hand an, wie wir erfahren haben?!

Luttenberger: „Ja, wir haben Zuhause am Labitschberg rund 1,5 Hektar Weingartenfläche, die ich natürlich selbst bewirtschafte. Die Hälfte davon ist bepflanzt mit Sauvignon Blanc, ein Viertel ist mit Welschriesling, ein Viertel mit Morillon – also ganz typisch südsteirisch. Auch wenn es manchmal anstrengend ist, mache ich die Weingarten-Arbeiten sehr gerne. Ich bin gerne in der Natur, Bewegung tut mir gut. Da kommen mir der Weingarten und die alte Hofstelle genau recht, es gibt immer etwas zu tun. Und nachdem ich vor meiner Tätigkeit als Weinbaudirektor steiermarkweit lange als Weinbau-Pflanzenschutzberater gearbeitet hab, weiß ich Gott sei Dank auch ganz genau, was zu tun ist. Verarbeitet wird der Wein dann aber seit vielen Jahren vom Weingut Scheucher.“

Das heißt, Sie wissen auch schon ganz genau, wie der neue Jahrgang 2019 schmeckt?

Luttenberger: „Ich durfte im Rahmen der Prüfnummernvergabe Gott sei Dank schon zahlreiche Weine kosten. Man kann sagen, der Jahrgang 2019 besticht durch sehr zielgerichtete Weine: viel Frucht, aber nicht zu viel Zucker, ein tolles Säurespiel und viel Körper und Fülle – aber nicht auf den Alkohol bezogen! Fast alle Weine, die ich gekostet habe, waren eine sehr harmonische Sache. Ich denke, wir werden den 2019er trinken wie Bachwasser!“ (lacht)

Also ein Spitzen-Jahrgang?

Luttenberger: „Sagen wir, er ist ein Geschenk des Himmels. Aber er ist jetzt keine Sensation bzw. kein Jahrgang, der laut aufschreien wird und ewig in die Geschichtsbücher eingehen wird. 2019 war einfach ein sehr gutes, unaufgeregtes Weinjahr ohne große Wetterkatastrophen oder Schäden. Es gab keinen Hagel, nicht zu viel Regen, viel Sonne – das ist eher selten und deshalb können wir uns über einen tollen Jahrgang freuen.“

Stichwort DAC – wie ist das Resümee nach einem Jahr?

Luttenberger: „Die meisten Weinbauern sind begeistert – vor allem die, die sich wirklich damit beschäftigt haben. Ich finde das DAC-System ist das beste Wein-Herkunftssystem, das es gibt. Schließlich werden wir damit auch schon bald nachgeahmt …“.

Wer will uns nachahmen?

Luttenberger: „Deutschland zum Beispiel. Letztes Jahr durfte ich in Deutschland einen ausführlichen Vortrag über DAC halten und die Begeisterung über das System war groß. Derzeit wird in Deutschland genau über ein System wie unseres diskutiert. Man sieht also, es macht Sinn. Die Eigenständigkeit der Gebiete rückt noch mehr in den Vordergrund. Das ist sehr wichtig, schließlich geht es darum, die Herkunft zu transportieren, nicht einzelne Rebsorten. Die Steiermark steht nicht einheitlich für Welschriesling, Sauvignon Blanc oder Schilcher. Das muss immer mehr in den Köpfen der Konsumenten verankert werden – egal, ob national oder international. Das Ziel muss sein, dass Gäste sagen: Ich fahre in die Süsteiermark! Oder: ins Vulkanland oder in die Weststeiermark! Nicht: Fahren wir in die Steiermark Welschriesling trinken! Die Herkunft steht weit über der Sorte.“

International gesehen haben es zum Beispiel Frankreich mit Chablis oder Bordeaux vorgemacht, Italien mit Brunello oder Chianti, Spanien mit Rioja. Doch wie lange dauert es, um sich weltweit mit einer Region zu etablieren?

Luttenberger: „In Italien hat es viele Jahrzehnte gedauert, in Frankreich wohl ein Jahrhundert. Wir werden in Österreich also geduldig sein müssen. (lacht) Man kann sagen, das heimische DAC-System wurde bereits für die nächsten Generationen geschaffen. Es wird auch bei uns noch viele, viele Jahre dauern, bis wir uns international etabliert haben.“

Zurück zum eigentlichen Thema, dem neuen Jahrgang und den damit verbundenen Präsentationen in Graz und in Wien, die leider abgesagt bzw. verschoben werden mussten. Was ist die Grundidee dieser Veranstaltung?

Luttenberger: „Die Präsentation des Steirischen Weines ist so etwas wie die ,Erwachsenenversion‘ der Junkerverkostung. Hier bekommt man bereits neue, aktuelle sowie auch gut gereifte Weine ins Glas. Es wird ein toller Querschnitt durch die Tropfen aus allen drei Weinbaugebieten und allen Sorten der Steiermark gezeigt. Am 5. September 2020 folgt mit der großen Riedenweinverkostung das Highlight der heurigen Wine Tastings Events.“

Diesmal hätte die Jahrgangspräsentation auch nicht in Salzburg stattgefunden. Warum dieser Schritt?

Luttenberger: „Salzburg war immer eine sehr kleine Verkostungsveranstaltung und wir haben uns diesbezüglich eine Nachdenkphase verordnet. Bisher war sie eher Kostenbringer statt Kostenträger, denn Salzburg ist kein einfacher Markt. Aber wir denken intensiv darüber nach, ob wir nächstes Jahr nicht vielleicht gleich direkt nach München gehen. Dort liebt man den steirischen Wein sehr! Auch Linz war ein Thema, aber dort werden wir uns vorerst als Partner auf die zahlreichen kleineren Verkostungsveranstaltungen konzentrieren.“

Diese Tage fand auch wieder der Concours Mondial du Sauvignon statt, die „Weltmeisterschaft des Sauvignon Blancs“, bei der die Steiermark ja bereits drei Mal siegen konnte. Wie groß sind die Chancen auf eine erneute Gold-Medaille?

Luttenberger: „Unsere Chancen stehen im internationalen Vergleich immer gut, es wäre natürlich großartig, wenn wir wieder vorne dabei sein würden. Ich drücke allen die Daumen! Vielleicht ist es sogar ein Thema, diesen Wettbewerb nach 2018 wieder einmal in der Steiermark zu veranstalten. Ein 5-Jahres-Rhythmus wäre gut, dann wäre es 2023 wieder soweit. Aber wir werden sehen …“.

www.steiermark.wine

Interview: Christina Dow
Foto: Fotokuchl