Herrenhof Lamprecht – Riesling PAX DEI 2019

Der Herrenhof ist ein ehemaliger Gutshof des Stifts Vorau. Weinanbau gab es hier schon vor langer Zeit, aber durch mehrere Besitzwechsel kam dieser schließlich zum erliegen. Im Jahre 2006 begann Gottfried Lamprecht hier wieder Reben auszupflanzen. Vor kurzem ergänzte er seinen Sortenspiegel mit Riesling, von dem der erste Jahrgang nun auf dem Markt ist.

In der Nase ist er geprägt von rauchig-mineralischen Noten und einer Ahnung von Feuerstein. Nach und nach erkennt man gelbfruchtige Noten, die an Marille, gelbem Apfel und Zitrone erinnern. Die Rebsorte spielt hier nur eine Nebenrolle, markanter sind die Einflüsse des Boden und des Weinbauern. Am Gaumen frisch, leichter Gerbstoff und wieder gelbfruchtigen Noten, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Klar und straff mündet alles in einen langen, leicht salzigen Abgang. Noten nach Grapefruit klingen nach.

Dies ist kein frisch-fröhlicher Riesling, er ist weder unbekümmert noch farbenfroh. Ecken und Kanten prägen seinen Charakter. Karg und straff erinnert er eher an einen Film Noir, denn an eine Heimatkomödie. Mehr Humphrey Bogart als Peter Alexander.

Film Noir, ein Begriff aus der Filmkritik, mag in diesem Bezug vielleicht etwas seltsam anmuten, scheint hier aber nicht fehl am Platz zu sein. Damit bezeichnet man eine gewisse Art von Filmen aus den 1940er und 1950er Jahren. Diese spielen üblicherweise an urbanen Schauplätzen, werden getragen von melancholisch, verbitterten Hauptfiguren und leben von starken Hell-Dunkel-Kontrasten. Ein Happy End ist in diesen Filmen nicht vorgesehen und zurück blieb oft eine von Ratlosigkeit geprägte Realität.

Wenn man hier, in dieser Region der Oststeiermark ein Weingut führt, wird man fast wie selbstverständlich in der Rolle des Außenseiters gesehen und man könnte vielleicht auch zum Schluss kommen, dass sich Gottfried in dieser Rolle gefällt. Er selbst wird sich dazu nicht äußern. Er wird höchstens milde lächeln, denn eigentlich ist es ihm egal. Auch ähnelt er in gewisser Hinsicht den Figuren aus diesen Filmen. Nicht das er verbittert oder melancholisch ist, nein, aber der Part des Einzelgängers scheint ihm nicht fremd zu sein. Lakonisch wirkt er oft in seinen Antworten, nichts wird schön geredet oder romantisiert. Seine Sicht der Welt ist geradlinig. Er vertraut seinem Geschmack, alles andere ist sekundär. Kompromisse sind für ihn keine Alternative.

Kompromisslos ist auch dieser Wein. Er steckt voller Charakter und Individualität und jeder Schluck macht neugierig. Man spürt was in ihm steckt und verzweifelt fast, weil er nicht all seine Geheimnisse preisgibt. Ein Versprechen für die Zukunft.

Alkohol: 12%

Unsere Bewertung: 91/100 Punkten

www.herrenhof.net

Verkostet und bewertet von Weinakademiker Helmut Gramer