Das steirische Weinjahr im Verlauf

 

Wer schon immer wissen wollte, was genau zwischen Lese, Junkerverkostung und Jahrgangspräsentation passiert, bekommt jetzt einen Überblick über das gesamte Weinjahr. Wir haben den Guide für die 12-monatige Arbeit im (steirischen) Weingarten und Keller – Wetten, dass das nächste Flascherl dann noch besser schmeckt?

 

Jänner, Februar – Rebschnitt
Im Weingarten startet das Weinjahr mit dem Rebschnitt. Dieser ist besonders wichtig, weil er auf den späteren Ertrag und die Qualität der Trauben großen Einfluss hat. Dürres bzw. altes Holz werden entfernt und der Rebstock somit „verjüngt“. Die Rebe bekommt durch den Schnitt eine bestimmte Form, die zukünftige Arbeiten im Weingarten erleichtert bzw. ein maschinelles Bearbeiten ermöglicht. Außerdem werden durch ein Einschränken der Augen (Knospen), die später die Trauben tragen, der Ertrag und die Qualität beeinflusst. Wuchskraft und Ertragsleistung des Rebstocks werden dabei ebenfalls berücksichtigt. Die Rebschnitt-Abfälle werden entfernt, in die Mitte zwischen den Zeilen gelegt und später gehäckselt und in den Boden eingearbeitet. Man kann mit dem Rebschnitt auch schon im Dezember beginnen, fertig sein sollte man spätestens Anfang März.

März – Reparaturen & Binden
Ab 1. März darf der Gebietswein auf den Markt kommen – als Südsteiermark DAC, Weststeiermark DAC oder Vulkanland Steiermark DAC. Zugelassene Rebsorten sind Welschriesling, Weißburgunder, Morillon, Grauburgunder, Riesling, Gelber Muskateller, Sauvignon blanc, Traminer und Blauer Wildbacher (als Schilcher und nur in der Weststeiermark). In den Kellern wird also fleißig der Wein des Vorjahres in die Flaschen gebracht. Im Weingarten ist der März die Zeit für diverse Reparaturen am Spaliersystem. So werden morsche Holzpfähle ausgetauscht, Stützstöcke nachgeschlagen und Drähte nachgespannt oder erneuert. Anschließend erfolgt das Anbinden der Rebtriebe an den Draht.

April – Düngen
Anfang April, wenn die Knospen anschwellen, können erste Pflanzenschutzmaßnahmen durchgeführt werden. Es folgt die Einsaat der Dauerbegrünung bzw. der Gründüngung und das Einbringen organischer oder mineralischer Nährstoffe.

Mai – Austrieb & weiterer Rebschnitt
Ab 1. Mai dürfen die Orts- und Riedenweine aus der Ernte des Vorjahres auf den Markt kommen, gefüllt wurden diese meistens schon in den Wochen und Monaten davor. Im Weingarten werden überschüssige Triebe entfernt und somit der Rebschnitt nochmals „nachjustiert“. Spätestens Anfang Mai brechen die Knospen auf – die grünen Triebspitzen werden sichtbar. Nachtfröste (z. B um die Zeit der Eisheiligen Mitte Mai) können den jungen Trieben in dieser Zeit noch schwer zusetzen. Auch ein Spritzen der Vorblüte gegen den echten und den falschen Mehltau kann je nach Bewirtschaftung jetzt vollzogen werden. Im herkömmlichen Weinbau sind in der Vegetationszeit – je nach Witterungsverlauf zwischen Mai und August – einige Spritzungen gegen Schädlinge und Pilzkrankheiten erforderlich. Anders ist es natürlich bei einer biologisch-dynamischen oder Demeter-Bewirtschaftung, hier kommen geringere Mengen bzw. andere Pflanzenschutzmittel zum Einsatz. Die Devise aller modernen Weinbauern lautet jedoch stets: So wenig wie möglich, so viel wie notwendig!

Juni – Ausbrechen & Einstricken
Anfang Juni findet die Weinblüte statt. Durch den Zeitpunkt der Weinblüte lässt sich auch der Erntezeitpunkt bereits ungefähr vorhersagen – denn die „Zeit der Schwangerschaft“ zwischen Blüte und Lese beträgt bei „normalem“ Wetter etwa drei Monate. Nach der Weinblüte folgt das Ausbrechen (oder „Ausgeizen“) der mittlerweile auf rund 40 cm angewachsenen jungen Triebe. Dann werden sie in das Drahtgerüst „eingeschlauft“, damit sie sich dort anranken können und der Wind sie nicht abbricht. Die Beeren sind nach der Weinblüte Ende Juni etwa so groß wie ein Schrotkorn. Außerdem kommt es zur Gründüngung bzw. zum Mulche. Gras, Klee, Blumen, etc., die zwischen den Rebzeilen wachsen, werden abgemäht und liegengelassen. Dieser Grünschnitt deckt den Boden des Weingartens ab und wird von Bodenlebewesen langsam zu Humus verarbeitet. Die Qualität des Bodens verbessert sich.

Juli – Wipfeln
Anfang Juli sind die Beeren bereits so groß wie eine Erbse. Um die Juli-Mitte beginnt man die (ca. ein Meter) langen Triebe zu „wipfeln“. Das bedeutet, dass die Triebe, die über das Drahtspalier hinauswachsen, maschinell (oder per Hand) gekürzt werden. Vor allem zwischen Juli und August wächst eine starke Laubwand heran, die den Trauben die Luft und Sonne nehmen würde, daher ist es sehr wichtig, die Triebe zu Kürzen, Einzustricken bzw. in Form zu halten.

August – Ausdünnung
Um den Ertrag zu reduzieren und somit eine Top-Qualität zu erreichen, werden zwischen Mitte Juli und August die Trauben ausgedünnt. Die Bodenbearbeitungs- und Pflanzenschutzmaßnahmen werden je nach Bedarf wiederholt. Etwa Mitte August haben die Trauben ihre volle Größe erreicht, es erfolgt der „Traubenschluss“. Ende August, Anfang September werden die Trauben dann „weich“. Ab diesem Zeitpunkt ist die Witterung in besonderem Ausmaß für die Qualität der Trauben und des späteren Weins entscheidend. Die Arbeiten im Weingarten beschränken sich nun auf das Schneiden und Ansäen der Dauerbegrünung sowie das Entfernen beschädigter Trauben. Noch im August wird mit dem Freilegen der Traubenzone begonnen. Dabei werden die Blätter händisch entfernt, um die Lichteinwirkung auf die Trauben und die Durchlüftung zu verbessern.

September, Oktober – Lese & Presse
Je nach Region, Lage und Rebsorte startet ab Anfang/Mitte September die Weinlese. Mit der Entscheidung über den Beginn der Lese kann der Winzer auf die Qualität und den gewünschten Weintyp Einfluss nehmen. So werden neben dem Reifegrad der Trauben auch die Witterungsverhältnisse, der Gesundheitszustand der Trauben sowie der Verwendungszweck berücksichtigt. Während der Zuckergehalt in den Beeren steigt, nimmt der Säuregehalt kontinuierlich ab. Durch die Bestimmung des Zucker- und Säurewertes mithilfe des Handrefraktometers (Fruchtzuckermessers) können Rückschlüsse auf das Reifestadium und somit auf den optimalen Lesetermin gezogen werden. In Österreich muss der Zuckerwert für einen Qualitätswein bei mindestens 15 °KMW liegen. Die Trauben werden in der Steiermark in der Regel ausschließlich per Hand geerntet und gleich zur Weiterverarbeitung in das Presshaus gebracht. Beschädigte, faule oder unreife Trauben werden aussortiert – nur vollreife und gesunde Trauben dürfen weiterverarbeitet werden. Im Oktober ist die Hauptlese abgeschlossen.

November – Junker & Lese Beerenauslesen

Die im Keller befindlichen Jungweine erfordern eine regelmäßige Kontrolle von Fässern und Tanks. Der Steirische Junker darf traditionell am Mittwoch vor Martini (11. November) zum ersten Mal ausgeschenkt werden. Somit werden die ersten Vorboten des neuen Jahrgangs abgefüllt und verkauft. Im Weingarten erfolgt eine etwaige Traubenernte für die Erzeugung von Beerenauslesen, Trockenbeerenauslesen, Ausbruch und Eiswein.

Dezember – Lese Beerenauslesen & Weingarten-Pflege

Vor dem Wintereinbruch kann die Gründecke noch einmal gemulcht werden. Die Hauptarbeiten konzentrieren sich aber auf den Weinkeller, der Verlauf der Gärung muss ständig kontrolliert werden. Im Weingarten erfolgt noch immer eine etwaige Traubenernte für die Erzeugung von Beerenauslesen, Trockenbeerenauslesen, Ausbruch und Eiswein. Sobald der Boden gefroren ist, rasten die Pflanzen und der ganze Weingarten.

Text: Christina Dow
Foto: Sernauberg (Tipp: kost.barer Sernauberg am 30. Mai 2020!)